Mit Schreiben vom 13. Juli 2022 erhielten wir Rückmeldung vom sächsischen Kultusministerium, welches mit Verweis auf § 26 SächsSchulG um Verständnis dafür bittet, dass eine Unterstützung des Forschungsprojektes nicht erfolgen kann, da das von uns beschriebene praktizierte Lernen nicht als Ausnahme gemäß § 26 Abs. 3 SächsSchulG anerkannt wird.

Insgesamt liegen uns nun zehn Rückmeldungen der Kultusministerien der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen vor. Rückmeldungen aus Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Sachsen-Anhalt stehen noch aus.

Die Begründung für die versagte Unterstützung aller zehn Kultusministerien ist unterschiedlich. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen begründen ihre Entscheidung mit Verweis auf Art. 7 Abs. 1 GG, aus welchem sie eine Schulpflicht ableiten. Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen berufen sich einzig auf die aus den jeweiligen Landesschulgesetzen abgeleitete Schulpflicht.

Unser Institut beruft sich auf die Forschungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 3 GG, welche insbesondere durch die Bonner Erklärung 2020 gestärkt wird. Dort heißt es u.a.: „Die Forschungsfreiheit gilt für alle Arten von Wissenschaftsorganisationen. (…) Fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse und Ansichten verdienen unseren höchsten Schutz, da sie transparent ermittelt werden und widerlegbar sind. Daher werden wir weiterhin unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass ein kritischer Diskurs keine Illoyalität bedeutet, sondern einen wesentlichen Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft darstellt. (…) Wir setzen uns dafür ein, jegliche Einmischung, die die vollständige Anwendung der Forschungsfreiheit in unseren Wissenschaftsorganisationen bedroht, zu verhindern und ihr entgegenzutreten, und wir werden unsere Wissenschaftsorganisationen dabei unterstützen, der verzerrten Darstellung von Fakten und Desinformationskampagnen entgegenzuwirken.“ (https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/downloads/files/bonner_erklaerung_deu.pdf?__blob=publicationFile&v=1)

Heinz Faßmann, ehemaliger österreichischer Bundesforschungsminister sagte dazu: „Eine wirklich innovative Forschung braucht Freiheit. Wenn die Forschung die Themen von der Obrigkeit bekommt, von Beamten, (…) von Politikern, dann ist das keine originäre Forschung mehr.“ (https://www.forschungsraum.eu/forschungsraum/de/news/bonner-erklaerung-staerkt-die-forschungsfreiheit/bonner-erklaerung-staerkt-die-forschungsfreiheit_node.html)

Aus den bisherigen Antworten der Kultusministerien können wir die Berücksichtigung bzw. Umsetzung der Bonner Erklärung nicht erkennen. Deshalb werden wir in weiteren Schreiben explizit darauf verweisen. Darüber hinaus werden wir die Kultusministerien, welche das Versagen der Unterstützung mit der Schulpflicht aus den jeweiligen Landesschulgesetzen begründen, darauf hinweisen, dass die von uns eingeforderte Forschungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG keinem Gesetzesvorbehalt unterliegt, wonach das jeweilige Landesschulgesetz diese nicht beschränken darf. 

Die Klagevorbereitung zur Überprüfung, inwiefern die Formulierung „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“ (Art. 7 Abs. 1 GG) als allgemeine Schulpflicht ausgelegt werden kann, bleibt davon unberührt. Schulpflicht ist nach unserer Lesart die Pflicht des Staates, ein allen Kindern und Jugendlichen zugängliches Schulwesen zu gewährleisten, wofür er (der Staat) die Aufsicht hat. Keineswegs beinhaltet o.g. Formulierung die Pflicht der Kinder und Jugendlichen, dieses in Anspruch zu nehmen und eine Schule zu besuchen. Folglich kann Art. 7 Abs. 1 GG nicht zur Einschränkung eines Forschungsvorhabens im Bereich des selbstbestimmten Lernens am Beispiel von Freilernern herangezogen werden. 

Dass die Schulpflicht einen massiven Einfluss auf dieses Forschungsprojekt hat, zeigen uns zum einen die rückläufigen Teilnahmezahlen und zum anderen die Rückmeldungen aus den teilnehmenden Familien, welche die Schulpflichteinforderung seitens der Behörden als sehr belastend beschreiben. 

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